Der kreative Nachlass des deutschen Bildhauers Georg Kolbe soll vollständig digitalisiert werden, um ihn zu systematisieren und wissenschaftlich aufzuarbeiten, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Bislang gibt es nur verstreute analoge Fotos seiner Werke. Laut Julia Wallner, Direktorin des Kolbe-Museums, soll mit Hilfe der digitalen Technik eine einzige Datenbank für Fotos aller Skulpturen und anderer Werke von Georg Kolbe sowie für die dazugehörigen Begleitinformationen geschaffen werden. „Das ist schon wissenschaftlich, aber auch für uns ein Muss“, betonte Julia Wallner.

Georg Kolbe (1877-1947) gilt als einer der bedeutendsten deutschen Bildhauer des 20. Jahrhunderts. Das ihm gewidmete Museum befindet sich in seinem ehemaligen Atelier im Berliner Westend. Vom 6. bis 15. August kann jeder zusehen, wie der Museumsfotograf die Exponate fotografiert, und erhält so die einmalige Gelegenheit, alle 210 Skulpturen aus der Sammlung des Museums auf einmal zu sehen. Das kleinste Exponat der Sammlung ist die Bronzeskulptur „Reflecting“ (1911) mit sieben Zentimetern Höhe, das größte die Skulptur „Night“ (1926) mit 2,2 Metern Höhe.

Georg Kolbe wurde in Sachsen in die Familie eines Dekorationsmalers geboren und erhielt seine erste künstlerische Ausbildung in Dresden in Dekorationsmalerei. In München setzte er seine Studien an einer öffentlichen Schule und an der Akademie der Künste fort, studierte in Paris, in Rom, wo er sich in der Lithografie versuchte und sich schließlich für die Bildhauerei interessierte. 1904 siedelt Georg Kolbe nach Berlin über. In den Jahren 1928-1929 baute Kolbe in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Architekten Ernst Rentsch ein Werkstatthaus im Berliner Westend.

Weithin bekannt wurde der Bildhauer durch sein Werk Tänzerin von 1912, das von der Nationalgalerie Berlin erworben wurde. Kolbes Skulpturen, deren Stil von Rodin und Maillol beeinflusst ist, wurden in zahlreichen Ausstellungen gezeigt und standen auf Straßen und Plätzen in mehreren deutschen Städten. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland wurden viele von Kolbes Skulpturen demontiert, vor allem das Denkmal für Heinrich Heine in Frankfurt am Main. Kolbe wurde jedoch später von Hitler in die Liste der „gottbegnadeten“ Künstler aufgenommen, die von der Wehrpflicht befreit waren.

Zu Beginn seiner künstlerischen Laufbahn zeichnete Georg Kolbe in symbolischer Weise mit Farbe und Bleistift. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts versuchte er sich, ohne eine Ausbildung als Bildhauer, im Modellieren von Gipsköpfen und arbeitete nach seinem Umzug nach Berlin ausschließlich als Bildhauer. Seine frühen bildhauerischen Kompositionen sind pathetisch und expressiv, während die späteren hauptsächlich Bronzedarstellungen von nackten Frauen in ruhigen und nachdenklichen Posen sind.